Beirat Unternehmensführung
im Handwerk
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1. Kernfragen | Digitalisierung als Herausforderung und Chance

Die digitale Transformation revolutioniert Wirtschaft und Gesellschaft. Sie ist längst im Handwerk angekommen: Die Märkte des Handwerks wandeln sich tiefgreifend – Wertschöpfungsketten ebenso wie Geschäftsmodelle und Marktprozesse.
    Ein Mann in einer Werkstatt arbeitet an einem Tisch mit techischen Geräten.

    Geschäftsmodelle im Umbruch

    Die Digitalisierung verändert die vertikale Integration des Handwerks in der Wertschöpfungskette und stellt sie in Frage. Immer mehr Wettbewerber treten ausschließlich über das Internet in die Märkte, auch ohne vorher in den Bereichen tätig gewesen zu sein.

    Mit oftmals starker Finanzierung – zum Beispiel über Equity Funds – und massiver Werbung wird versucht, handwerkliche Märkte über das Internet zu erschließen. Dies ist bereits in einigen Gesundheits-, Lebensmittel- und SHK-Handwerken zu beobachten, Stichwort ‚Amazonisierung‘.

    Stellvertretend dafür stehen Geschäftsideen wie ‚Thermondo‘, ‚easyheizung‘ für die SHK-Branche oder ‚MisterSpex‘ und ‚audibene‘ für die Gesundheitshandwerke sowie ‚homebell‘ und ‚myster‘ für den Bausektor. Sie sind konsequent vom Kundennutzen her gedacht und versprechen Bequemlichkeit, schnelle Verfügbarkeit, hohe Transparenz sowie Verlässlichkeit bei Kosten und Terminen.

    Attraktive Perspektiven für Handwerksunternehmen

    Neben diesen Herausforderungen eröffnet die Digitalisierung dem Handwerk dank seiner Vielfalt und Flexibilität aber auch enorme Chancen: Mehr und mehr Handwerksunternehmen nutzen die Potentiale, die sich ihnen bieten, oftmals nach der Devise: „Bei uns steht ‚digital‘ nicht drauf, bei uns steckt es drin!“.

    Immer mehr Tischler lassen zum Beispiel ihre Kunden Möbel individuell und bequem online konfigurieren. Maler und Lackierer ermöglichen vermehrt das Mischen des Wunschfarbtons für die eigenen vier Wände bis hin zur persönlichen Farbberatung auf ihren Internetseiten. Orthopädieschuhtechnik-Unternehmen bieten ihren Kunden online-geführte Diagnosen für passgenaue Schuheinlagen und fertigen Prothesen mit Hilfe von 3D-Druck.

    Betriebe im Bau- und Ausbaugewerbe optimieren ihre Prozesse von der digitalen Terminvereinbarung über Auftragszettel und Zeiterfassung per Smartphone bis hin zum mobilen Baustellenmanagement und digitalem Aufmaß. Selbst kleinere Betriebe stellen sich bei öffentlichen Bauvorhaben nach europäischen Vergaberichtlinien zunehmend auf das softwarebasierte ‚Building Information Modeling‘– kurz BIM‘ – ein, mit dem die Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Gebäuden optimiert wird.

    Viele Zulieferer können auf eine durchgängige Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse – angefangen bei der Zeiterfassung bis hin zur Just in time-Lieferung – nicht mehr verzichten: In Echtzeit abgebildete Produktionsprozesse ermöglichen eine schnelle Information der Kunden sowie eine flexible Anpassung der Produktion.

    Positiver Effekt für Fachkräftesituation im Handwerk

    Das Querschnittsthema Digitalisierung besitzt enormes Potential für die Fachkräftesicherung im Handwerk. Gerade in körperlich herausfordernden Berufen kann sie dazu beitragen, Mitarbeiter erheblich zu entlasten. Beispielhaft dafür stehen der Einsatz kleiner Roboter im Gerüstbau oder neue Arbeitsabläufe im Bäckerhandwerk, durch die sich nächtliche Arbeitszeiten deutlich reduzieren lassen. Zudem können dadurch die Arbeitssicherheit in diesen Berufen erhöht und Fehlzeiten gesenkt werden. Nicht zuletzt steigert der Einsatz digitaler Helfer die Attraktivität der Berufe und Berufsbilder.

    Kernfragen für den ZDH-Beirat Unternehmensführung im Handwerk

    Die Digitalisierung erfasst mehr oder weniger stark alle Branchen und Geschäftsmodelle. Das Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk mit seinen fünf ‚Digitalen Schaufenstern des Handwerks‘ unterstützt deshalb gezielt die Betriebe, solche Produktions- und Automatisierungstechnologien zu nutzen, ihre Prozesse zu optimieren sowie Absatzmärkte durch neue Geschäftsmodelle und soziale Medien für sich zu erschließen.

    Ergänzend dazu konzentriert sich der ZDH-Beirat Unternehmensführung im Handwerk auf künftige Kernfragen für die Organisationen:

    1. Wie müssen sie sich generell als Dienstleister für die Mitglieder künftig aufstellen?
    2. Wie können sie die Chancen der Digitalisierung für ihre eigene Arbeit nutzen – für besseren Service, mehr Effizienz und mehr Akzeptanz?
    3. Und mit welchen Angeboten lassen sich ihre Mitglieder in den vielfältigen Prozessen der Digitalisierung unterstützen?

    Vor dem Hintergrund dieser Ziele umreißt der ZDH-Beirat die Dimensionen der digitalen Welt für die Organisationen und damit deren künftige Handlungsfelder.

    Dazu wirft er Fragen auf, mit denen sich die Organisationen künftig befassen müssen – oftmals unterlegt mit vielfältigen Impulsen und konkreten Beispielen von Akteuren aus dem eigenen Kreis. Diese sind bereits erfolgreich unterwegs – auf den Feldern Kommunizieren, Sensibilisieren, Beraten und Bilden ebenso wie bei der forcierten Vernetzung zwischen Handwerkskammern und Fachverbänden.

    Die Praxisbeispiele spiegeln die breite Vielfalt auf den verschiedenen Ebenen wider und wollen motivieren. Sie erheben keinen Anspruch, vollständig oder direkt auf die eigene Situation übertragbar zu sein. Jeder Organisation ist es freigestellt, die Impulse aufzunehmen und sie auf ihren Bedarf und auf ihre Möglichkeiten abzustimmen.

    Ebenso war jede Organisation eingeladen, ihre eigenen Beispiele zur Digitalisierung auf einer eigens eingerichteten Online-Galerie einzustellen und so ein lebendiges deutschlandweites Forum wertvoller Impulse über das vorliegende eMagazin hinaus zu schaffen.

    Der ZDH-Beirat Unternehmensführung im Handwerk hält es für dringend erforderlich, dass sich die Organisationen jetzt dem Thema Digitalisierung stellen, um jeweils ihre eigenen Chancen und Spielräume auszuloten und für sich zu erschließen. So gelingt es überzeugender, auch den Betrieben des Handwerks Zuversicht in diesen Fragen zu vermitteln – und natürlich sich selbst fit zu machen für eine erfolgreiche digitale Zukunft.